Transparenter Kubus

Marke: JordanLacke
Land: Deutschland

Normalerweise definieren Wände das Äußere und Innere, schaffen Zonen und trennen private und öffentliche Bereiche eines Hauses. Ganz anders beim vorgestellten Projekt des Architekturbüros Daniel Krafft an der südhessischen Bergstraße: Hier verwischen sich durch die Rundumverglasung nicht nur die Grenzen zwischen innen und außen, sondern auch die der Innenräume.

Einen Zeitrafferfilm des Innenausbaus sehen Sie hier!

Aus BM Ausgabe 9/2013

Nähert man sich dem schlichten, im Grundriss quadratischen Baukörper, fällt, neben verschiedenen Ein- und Ausschnitten, die im ersten Stock komplett umlaufende Glasfassade auf. Sie lässt, besonders bei Nacht, das darüberliegende, bündig abschließende Obergeschoss mit Dachterrasse
geradezu schweben. Möglich gemacht hat dies das Darmstädter Architekturbüro Daniel Krafft unter der Leitung des Architekten Alexander Ungar, indem er schlanke Stahlstützen hinter der Glasfassade einsetzte,
welche zusammen mit im Raum liegenden Wandscheiben das darüberliegende Geschoss tragen und das Gebäude aussteifen. Die raumhohen Fensterelemente lassen viel Licht in das offen gestaltete Wohngeschoss des Hauses. Dieses bietet ohne Wände allerdings auch keine Stellflächen für klassische Möblierung. In einem geradezu radikalen Konzept hat der Architekt die notwendigen Funktionen in vier eingestellte, weiß lackierte „Boxen“ im Raum konzentriert. Nach dem Raum-im-Raum-Prinzip zonieren diese die Bereiche Wohnen, Kochen, Essen und Arbeiten und bieten den dazugehörigen, notwendigen Stauraum. Darüber hinaus umfassen und verdecken sie die aussteifenden Wandscheiben.

Klare Umrisse – komplexer Inhalt
Was auf den ersten Blick so „einfach“ aussieht, hat die Darmstädter Schreinerei Luther von der Planung bis hin zur Fertigstellung ein gutes Jahr in Atem gehalten. Das Team um Projektleiter und Holztechniker Mathias Knuhr und seinen Planungskollegen Jochen Weber hat den kompletten Innenausbau des Hauses bis hin zur Treppe und den vier eingestellten Boxen gefertigt – und diese haben es wahrlich in sich! Denn hinter den weiß lackierten Fronten verbirgt sich Hightech pur. Dem Wunsch des aus der IT-Branche kommenden Bauherrn entsprechend sollten ein Großteil der Fronten und die Elektrogeräte elektronisch ansteuerbar sein – und das von beliebigen Orten im Haus aus. Dahinter steht eine komplizierte Bussteuerung, die es dem Nutzer ermöglicht, neben Öffnungs- und Schließfunktionen die elektrischen Geräte zu steuern und zu überwachen, HiFi- und TV-Einheiten zu bedienen, Lüftungs- und Heizungsfunktion sowie Licht und Jalousien zu bedienen. „Dabei sollte so wenig wie möglich dieser Technik offen zu sehen und das Nachrüsten des Systems möglich sein“, berichtet Mathias Knuhr, „das war eine echte Herausforderung!“

Abstrakte Reproduktion der Natur
Ein markantes Detail des Ausbaus ist die über drei Stockwerke reichende Treppenanlage des Hauses: Als zweiläufige Podesttreppe mit frei von der Mittelwange auskragenden Stufen in Räuchereiche dient sie als zentraler Verteiler in alle Stockwerke. Die äußeren Stirnkanten der Stufen sind mittels dimmbarer LEDs beleuchtet, setzen diese von der Wand ab und lassen so den Treppenlauf regelrecht schweben. Die Rückwand des Treppenhauses zeigt in einem unregelmäßigen Lochraster auf einer 10 m hohen Fläche aus Mineralwerkstoff die Silhouette eines Baumes – eine Reminiszenz an einen großen Laubbaum, der für den Bau des Hauses weichen musste. Da nicht in allen Stockwerken natürliches Licht durch das Lochraster fallen kann, wurde mittels komplexer Steuerung und LED-Technik für eine gleichmäßige, dem Tageslicht folgende Hinterleuchtung gesorgt. Zwischen Arbeitsbereich und Küche gelegen nimmt die Treppenbox zu den jeweiligen Bereichen hin die notwendigen Stauraumfunktionen auf. So ist zur Küche hin eine große, dunkle Glasscheibe von Kühl- und Eisschrank sowie Ober- und Unterschränken eingefasst. Dahinter verbirgt sich ein großzügiger, gestengesteuerter Flachbildschirm, über den sich (später) mittels Handbewegung alle Funktionen im Haus bedienen lassen. Und deren gibt es reichlich. Neben den insgesamt fast 100 verbauten Blum Schubkästen und Auszügen mit Servo-Drive-Technik lassen sich so auch alle Apothekerschränke bis hin zum vollintegrierten Geschirrspüler elektronisch öffnen. Einen maßgeblichen Beitrag bei der Beratung hatte bei diesem komplexen Projekt Bernd Bauer, technischer Berater bei Häfele. So verbrachte man zusammen mit den Bauherren einen kompletten Samstag in der Häfele Functionality World in Nagold, um die Beschlagtechnik
auszusuchen und die technischen Möglichkeiten der Ansteuerung zu erörtern.

Am Limit – und darüber hinaus
Ein anderes Detail, das die Grenzen des technisch Machbaren auslotete, war die Konstruktion der Schiebetüren vor dem Aktenschrank im Arbeitsbereich: Auch die gut 2 m breiten, flächenbündigen Türen sollten auf Wunsch des Kunden grifflos, per Knopfdruck zu öffnen und zu schließen sein – und dabei ein möglichst kleines Fugenbild aufweisen. Das Team um Mathias Knuhr löste das Problem durch den Einsatz eines elektrisch angetriebenen Beschlages (Häfele Slider Flatfront) im Sondermaß. Aus Gewichtsgründen und um eine hochwertige Basis für die anschließende Lackierung zu gewährleisten, kamen ultraleichte MDF-Platten (Finsa) zum Einsatz.

Durchdachte Materialauswahl
Überhaupt war die Wahl der Plattenmaterialien bei fast 700 m2 lackierter Flächen im gesamten Innenausbau entscheidend. Mussten doch im Bereich des gasbetriebenen offenen Kamins diffizile Brandschutzvorschriften eingehalten werden: Der gesamte Kaminumbau ist in „Flameprotect Compact“-Platten, einem mineralisch gebundenen A2-Brandschutz- Werkstoff von Thermopal ausgeführt, da in diesem Material das eingefräste Raster zur Lüftung extra auslackiert werden konnte. Der Würzburger Lackhersteller Jordan Lacke lieferte hierfür die Beschichtungsmaterialien, insgesamt fast 280 l Füller sowie 400 l Farblack High-Solid-Color H6000. Referenz war dabei die Farbstellung des weißen Mineralwerkstoffes Geta Core 2011 Titan weiß.

Klare Linien – saubere Fugenbilder
Vom Wohnbereich aus ist die Kaminbox als tiefer Ausschnitt gestaltet, der – gleich einem Alkoven – als Liegefläche dient. Die umlaufenden Einbauten bieten hinter Schubkasten und Auszugsfronten, Klappen und Drehtüren wiederum reichlich Stauräume. Dabei sind selbst feststehende Blenden zum besseren Einstellen und eventuellen späteren Nachjustieren und Revisionieren der Installationsebenen mittels Topfbändern und Magneten angeschlagen.

Von der Planung bis zur Endmontage
Die Logistik des Projektes stellte ebenfalls höchste Anforderungen an das 18-köpfige Team des Innenausbauers. Gaben die vier eingestellten Boxen doch den späteren Verlauf und die Kontur der abgehängten Gipskartondecken und Lichtgräben vor, welche ihrerseits reichlich Technik aufnehmen. Gelöst wurde die Aufgabenstellung, indem schon während der Rohbauphase die Unterkonstruktionen von der Schreinerei Luther gesetzt wurden, um die Raumbezüge zu definieren. Diese tragen nun präzise montiert die fertigen Fronten und Einbauten. „Der gesamte Ausbau umfasst von Anfang bis zum Ende mehr als 5000 Arbeitsstunden“, berichtet Tischlermeister und Geschäftsinhaber Gerhard Luther nicht ohne Stolz, „wobei ein großer Teil davon sicherlich auf die Beratung, Planung und Vorbereitung entfällt.“ Das wundert bei einem solch anspruchsvollen Projekt nicht.

Einen Zeitrafferfilm des Innenausbaus sehen Sie hier!

Verarbeiter:
Schreinerei Luther  – Darmstadt
www.schreinerei-luther.de
Mail: info@schreinerei-luther.de

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